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La vita è bella!

Ausgabe 2 / 24. August 2017

So könnte heuer das Motto des 56. Salone del Mobile, der weltgrößten und wichtigsten Designmesse der Welt, einen durchwegs positiven Trend als Gegenpol zu dem umherirrenden, unsicheren und durchwegs düsteren ­Zeitgeist der letzten Jahre gesetzt haben.

Wenn sich über 370.000, wenig überraschend, durchwegs fesche Designfreaks für ein paar Tage im Jahr an einem derartigen Ort dieser Welt versammeln, kann sich niemand dem elektrisierenden Vibe an Kreativität entziehen.
Tutto Milano, und damit meine ich wirklich jeden Winkel und alle mobilen Wesen dieser Stadt, verwandelt sich in dieser Design Week in ein Silicon Valley der Ästhetik, ein pulsierendes Potpourri an Ideen und verdient uneingeschränkt die Auszeichnung als Hochburg des Designs.
Aus dieser, alle bisherigen Besucher- und Ausstellerrekorde brechenden Vielfalt haben wir für Sie die interessantesten Trends herausgefiltert.
Das Wichtigste vorweg: Die Diktatur ist abgeschafft, es lebe die Demokratie des Geschmacks! Jedem Tierchen sein Pläsierchen und keine Spur von Lebensangst!
Optimismus, Lebensfreude und Fröhlichkeit spiegeln sich in tropischen, farbenfrohen Mustern und Formen wider. So viele Palmen,
wie hier auf der Messe, habe ich das letzte Mal nur in Brasilien gesehen. Mutig und unbeschwert wird alles untereinander und miteinander kombiniert und stimmt uns in die Leichtigkeit unserer Kindheit ein, als wir noch ans Paradies und das Christkind glaubten.
So versammelt beispielsweise die Firma „A Lot Of Brasil“ zahlreiche Kreative unter ihrem Label, die dieses Lebensgefühl bravourös umsetzen.
Wenn die Sonne nun endlich scheint, wir aber nicht gerade unter den gottvollen Sonnenschirmen „Frou Frou“ der Firma Symo Parasols dahindösen, steigt nicht nur unser Vitamin-D-Spiegel, sondern auch die Laune beim Anblick der vom Sanddollar (Seeigel) inspirierten, zierlichen und farbenfrohen Gartenmöbel. Wo bekanntlich viel Licht, da auch viel Schatten, so zaubern diese muschelartigen „bolacha-do-mar“-Muster märchenhafte Licht- und Schattenspiele auf jeglichen Boden, der selbst nicht mal besonders aufregend sein muss.
„Underconstruction“ – nicht nur unsere Millennials finden diese kreativen Sitzgelegenheiten supercool, sondern auch wir sind der Meinung, dass dieses Sofa seinen Platz in einer – under construction stehenden – Welt haben sollte. Da tut das sanfte Pink schon sehr gut und beruhigt so nebenbei brasilianisch quirlige Gemüter.
Ebenfalls ein Produkt dieses Kreativhubs: Wenn schon kein neues Auto, dann wenigstens eine neue Bank für den Garten. Autolackiert und aerodynamisch wie ein weißer Ferrari. Da es das Modell auch in Leder gibt, spricht nichts gegen einen „Zweitwagen“.
Auch Baxter setzt auf  Tropik und lädt zur After-Work-Cocktailparty in die dschungelartige „Diana Lounge by Baxter“ im Hotel Sheraton Diana Majestic und verwandelt auch kurzerhand seinen Showroom in eine grüne Oase. Als Trendsetter repräsentieren sie allerdings eine weitere Auffälligkeit dieser Messe: Geometrie und eine Neuinterpretation des alt­bekannten Rattan samt Geflechten. Diese „fils“ ziehen sich sozusagen wie einer der roten Fäden durch den Möbelbereich.

Struktur und Ordnung gehen mit der Unberechenbarkeit der Natur eine gelungene Liaison ein. Umgesetzt an Wänden heißt das: Ein simples geometrisches Design für die Romantiker, die Repräsentation eines Atoms für die Wissenschaftler unter uns werden zur Positionsbestimmung der
in die erhellenden, handgearbeiteten Tapeten von Meystyle integrierten LEDs herangezogen. Hauchdünne Blättchen aus Gold, Silber und Kupfer veredeln den Leinen- und Baumwoll-Background zu einem luxuriösen, individuellen Kunstwerk.
Ein listiges Versteck aller Preziosen ließ sich Brabbu einfallen. Wieso nicht gleich einen Tresor als riesigen Diamanten „tarnen“. Da das Gute oft so nah liegt und doch übersehen wird, ist die Irreführung perfekt gelungen. Außer der Dieb findet ebenso Gefallen wie wir an dem Möbelstück und schleppt den 1.000-Karäter gleich komplett mit.
Sinn für Geometrie findet man auch bei Firmen wie Citco Privé, deren kunstvoll behauene Marmorpaneele und fantasievolle Steinböden nicht nur Handwerkskunst, sondern auch einen weiteren Trend beweisen:
Marmor, Stein, Bronze und die Kunst der Illusion.
Man steht vor rosa bzw. grünen Tischen und staunt. Illusioniert im positivsten Sinn spielt Patri­cia Urquiola mit unserer Wahrnehmung. Sehen doch diese ovalen, hohen und niedrigen Tische im ersten Augenblick aus wie Marmor, entpuppen sie sich allerdings bei Berührung alsbald als
extralightes Klarglas. So verleitet uns der Effekt der wechselnden Maserung zur dynamischen Bewegung um den Tisch – ein bissel Bewegung nach dem Essen kann ja sowieso nie schaden!
Kompakt und schmalbrüstig in den Dimensionen, jedoch ganz und gar nicht im Auftreten gibt „Kryptos“ sein Innerstes großzügig preis, sobald man seine unfassbar schönen, lederbesetzten Türen öffnet. Flexibilität sei Dank!
Nicht nur der Anblick ist Balsam für die Seele, das Bücherregal selbst wurde aus dem Holz des Balsambaumes gefertigt.
Wir taktilen Bücherwürmer, die wir den Duft und das Papier unserer Bücher bei allen Praktikabilitätsvorteilen eines Kindle nicht missen wollen, lieben dieses Bücherregal als angemessenen Tempel unserer Schätze und werden möglicherweise in Versuchung geraten, die täglichen Streicheleinheiten von nun an unter den Hausgenossen und den reliefartigen Ledertüren gerecht aufteilen zu müssen. Und wie vieles im Leben wird es mit jedem Jahr und jeder Berührung schöner.
Für alle eifersüchtigen Katzen, Hunde und Gesponse bietet sich als Rettung eine alternative Bücherheiligtumaufbewahrung. Dazu allerdings vielleicht das nächste Mal.
So flexibel und situationselastisch wollen wir in die Zukunft blicken, mutig zu unserem individuellen Geschmack stehen und uns mit einer gesunden Portion Leichtigkeit und Humor des Lebens freuen!
La vita è bella!

Die Autorin und Interiordesignerin Gabriele Lenikus vor einer Tapete bei Foscarini, Teil der Ausstellungsdekoration auf der Mailänder Möbelmesse. Bei Posting auf Instagram bekam
man ein Polaroid.